Immer wieder stellt sich im Datenschutzrecht die Frage, ob Betroffene wirksam auf die in den Datenschutzgesetzen festgeschriebenen Rechte verzichten können.
Im arbeitsrechtlichen Kontext stellt sich darüber hinaus die Frage, ob dies in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich möglich ist.
Sachverhalt:
Konkret hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarlouis zu entscheiden (Urteil OVG des Saarlandes vom 13.05.2025 – 2 A 165/24), ob die in Vergleichen übliche Formel
„Mit Erfüllung dieses Vergleichs sind alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, abgegolten mit Ausnahme der Arbeitspapiere.“
auch den Ausschluss eines Auskunftsanspruches gem. § 17 KDG (Art. 15 DS-GVO) umfasst.
Der Kläger stellte gegenüber seinem Arbeitgeber am 14.01.2022 einen Antrag auf umfassende Auskunft gem. Art. 15 DS-GVO. Die Arbeitgeberin antwortete auf das Auskunftsersuchen nicht. Am 28.01.2022 wurde das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen gekündigt. Am 17.02.2022 rügte der Kläger gegenüber der Datenschutzaufsicht des Landes die Nichtbeantwortung seines Auskunftsersuchens.
Am 24.02.2022 schlossen der Kläger und sein Arbeitgeber einen gerichtlichen Vergleich, der die oben dargestellte Formulierung beinhaltete.
Daraufhin stellte die Datenschutzaufsicht mit Bescheid vom 26.07.2022 das Verwaltungsverfahren gegen den Arbeitgeber ein.
Gegen diese Einstellung richtete sich der Kläger. Er beantragte vor dem Verwaltungsgericht die Datenschutzaufsicht zu verpflichten, den Einstellungsbescheid aufzuheben und das gegen den Arbeitgeber eingeleitete datenschutzrechtliche Verfahren fortzuführen.
Zunächst war zu klären, ob Betroffene überhaupt auf ein Datenschutzrecht verzichten können, welches ihnen durch die DS-GVO eingeräumt wird. Eine Aussage dazu findet sich zunächst weder in der DS-GVO selbst, noch in deren Erwägungsgründen.
Das Gericht stellt dazu fest, die Möglichkeit des Verzichts folge aus dem Datenschutzrecht selbst. Gem. Art. 7 i. V. m. Art 4 Nr. 11 DS-GVO stehe es dem Betroffenen frei, in die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten einzuwilligen. Darin kommt das Prinzip der Selbstbestimmung zum Ausdruck. Wenn dieses Prinzip es ermöglicht, über die Zulässigkeit der Datenverarbeitung selbst zu bestimmen, muss es aus Sicht des Gerichtes auch möglich sein, eine Disposition über das Auskunftsrecht zu treffen, das nur einen Einblick in das Ergebnis der Datenverarbeitung ermöglicht. Das Datenschutzrecht sei daher kein unabdingbares Gleichheits- oder Menschenwürderecht, sondern ein Freiheitsrecht. Zu einem solchen gehöre es auch, darauf verzichten zu können. Eine Disposition über den Auskunftsanspruch sei deshalb für ein Arbeitsverhältnis, welches in der Vergangenheit bestanden hat, möglich. Dies insbesondere deshalb, weil nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Schutzbedürftigkeit aufgrund struktureller Unterlegenheit des Arbeitnehmers nicht mehr bestehe.
Weiterhin war zu entscheiden, ob die Formulierung des Vergleiches auch den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch mitumfasst. Dazu stellt das Gericht fest, die Formulierung „gleich aus welchem Rechtsgrund“ lässt keinen Grund erkennen, warum gerade der Auskunftsanspruch davon nicht erfasst sein sollte. Schließlich beziehe sich der Anspruch auf das frühere Arbeitsverhältnis bzw. resultiere daraus.
Ebenso wie zuvor auch die Datenschutzaufsicht legt das Gericht damit die Formulierung „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ weit aus.
Der Kläger hat von der Datenschutzaufsicht verlangt, seinem Anspruch auf Auskunft zur Durchsetzung zu verhelfen. Insoweit ist der Einstellungsbeschluss der Datenschutzaufsicht gerechtfertigt.
Offen bleibt aber, ob nicht dennoch eine Sanktion des Arbeitgebers durch die Datenschutzaufsicht hätte erfolgen müssen, da der Arbeitgeber dem Auskunftsanspruch gem. Art 15 DS-GVO nicht fristgerecht nachgekommen ist. Diesbezüglich hat der Arbeitgeber aber bestritten einen Auskunftsanspruch vom Kläger erhalten zu haben.
Fazit:
Beschäftigte, die sich die Möglichkeit eines Auskunftsanspruchs für das vergangene Arbeitsverhältnis offenhalten wollen, müssen dies in einem Vergleich ausdrücklich darlegen, wenn sie die übliche Formulierung verwenden.
Im Bestreitensfall müssen Betroffene belegen können, einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Verantwortlichen geltend gemacht zu haben. Der Nachweis des Absendens einer E-Mail ist kein Anscheinsbeweis dafür, dass der Empfänger die E-Mail tatsächlich auch erhalten hat. Geeignet wäre u.a. eine Aufforderung zu einer kurzen Rückinformation als Bestätigung für den Empfang.