Am 05.06.2025 wurde vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden: Es bleibt bei der Entscheidung des LAG (BAG, Az. 8 AZR 117/24). Eine Google-Suche, ein Wikipedia-Eintrag und ein Datenschutzverstoß mit Folgen. Der Volltext der Entscheidung ist noch nicht veröffentlicht.

Legal Tribune Online hat zum Ausgang des Verfahrens berichtet [Link].

Das Verfahren: Ein Klick zu viel?

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Ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht bewarb sich auf eine Stelle in der Rechtsabteilung der Universität Düsseldorf. Er wurde vom Personalleiter der Hochschule „gegoogelt“, da diesem der Name des Bewerbers bekannt vorkam. In einem öffentlich zugänglichen Wikipedia-Eintrag stieß er dabei auf Hinweise zu einem nicht rechtskräftigen Strafurteil wegen versuchten Betruges. Der Anwalt soll Bewerbungen vorgetäuscht haben, um Entschädigungszahlungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu beanspruchen. Diese Information führte zur Ablehnung des Bewerbers. Er wurde von der Universität nicht darüber informiert, dass sie personenbezogene Daten über ihn aus öffentlich zugänglichen Quellen erhoben hatte. Er klagte vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) erfolgreich auf Schadensersatz. Die weiteren geltend gemachten Ansprüche wurden abgelehnt.

Das LAG sprach dem Kläger 1.000,00 € Entschädigung wegen Verstoßes gegen die DS-GVO zu (Urteil vom 10.04.2024, Az. 12 Sa 1007/23) zu, da sie den Kläger entgegen Art. 14 Abs. 1 lit. d DS-GVO, nicht über die Kategorie der von ihr im Rahmen des Auswahlverfahrens verarbeiten Daten, die strafrechtliche Verurteilung, informiert hat. Die allgemeine Internetrecherche über den Bewerber ist eine Datenverarbeitung i. S. v. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO. Sie sei als erforderlich i. S. v. § 6 Abs. 1 lit b DS-GVO anzusehen, da sie notwendig gewesen sei, um die Eignung des Bewerbers beurteilen zu können, so das LAG. Ferner handelt es sich um öffentlich zugängliche Informationen. Das LAG meint, Bewerber dürfen im Rahmen eines Einstellungsverfahrens „gegoogelt“ werden. Offen gelassen hat das LAG jedoch, ob dies auch für anlasslose Recherchen gilt. Im vorliegenden Fall war einem Mitglied der Auswahlkommission der Name des Bewerbers bekannt vorgekommen.

Information ist Pflicht!

Die Recherchen im Internet – insbesondere über Google – ist bei der Personalauswahl nicht unüblich und mithin ein nicht außer Acht zulassendes Spannungsfeld. Bei der Recherche handelt es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten. Das LAG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass gemäß Art. 14 Abs. 1 lit d DS-GVO Arbeitgeber verpflichtet sind, betroffene Personen über die Quelle und Kategorie dieser Daten zu informieren, unbeschadet der Tatsache, dass sie öffentlich zugänglich sind. Das LAG stellte ferner fest, dass ein Verstoß gegen die Informationspflicht nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Diese Feststellung ist für Arbeitgeber relevant, da dies dazu führt, dass Beweise in Verfahren vor Gerichten genutzt werden können, auch wenn sie aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 13 bzw. 14 DS-GVO gewonnen worden sind.

Kontrollverlust allein genügt nicht!

In den letzten Jahre gab es zahlreiche Entscheidungen zum Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO. Während der BGH urteilte, dass ein bloßer „Kontrollverlust“ über personenbezogene Daten einen ersatzfähigen immateriellen Schaden begründen kann, haben jüngere Urteile – etwa des EuGH – verdeutlicht: Es braucht mehr als bloßes Unwohlsein oder hypothetische Risiken.

Betroffene müssen darlegen können, dass sie tatsächlich einen Schaden erlitten haben – sei es durch Rufschädigung, diskriminierende Entscheidungen oder die konkrete Nutzung der Daten durch Dritte. Eine rein subjektive Sorge genügt nicht. Auch das BAG hat darauf abgestellt, dass eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten werden muss, um Ersatzansprüche zu begründen (z. B. Urteil vom 20.06.2024, Az. 8 AZR 124/23).
Das LAG bejahte den Eintritt eines Schadens im vorliegenden Fall. Durch die fehlende Mitteilung sei der Bewerber zum bloßen Objekt der Datenverarbeitung geworden und habe einen erheblichen Kontrollverlust mit negativen Auswirkungen auf die Auswahlentscheidung im Bewerbungsprozess erlitten. Für das LAG war der Inhalt der Datenverarbeitung bei der Beurteilung des Schadens relevant. Der Bericht über die strafrechtliche Verurteilung stellt im Zusammenhang mit dem Bewerbungsverfahren eine negative Tatsache dar, zumal diese auch unrichtig wiedergegeben war. Bei der Höhe des Schadens wurde das negative Ausmaß der „gegoogelten“ Information berücksichtigt.

Fazit:

Die Entscheidung des BAG hat Signalwirkung. Wer Online-Recherchen vornimmt, muss dies dokumentieren und transparent machen. Das „Googeln“ von Bewerbern ist nicht per se unzulässig – wohl aber das Verschweigen der Online Recherche. Die Veröffentlichung der genauen Entscheidungsgründe des Senats bleibt abzuwarten. 

 

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