Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat entschieden, dass bei ärztlich attestierter Unfähigkeit eine Maske zu tragen kein Beschäftigungsanspruch besteht.
Die Entscheidung ist derzeit noch nicht veröffentlicht. Die diesbezügliche Pressemitteilung des LAG gibt aber Anlass zu der Hoffnung, dass zumindest ein Obergericht den Datenschutz ernst nimmt und die richtigen Konsequenzen zieht.
Im zu entscheidenden Fall hat ein Mitarbeiter ärztliche Atteste vorgelegt, welches die folgende Aussage enthielten: „Herr ist heute von mir untersucht worden. Aufgrund einer Erkrankung ist er vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit“. Auf bitten des Arbeitgebers ließ sich der Arbeitnehmer arbeitsmedizinisch vom Werksarztzentrum untersuchen. Dort wurde folgendes attestiert: „Herr stellte sich am 07.10.2020 bei mir in der Sprechstunde im zur Beratung und Beurteilung seiner Einsatzfähigkeit vor. Anlass war ein hausärztliches Attest vom 08.05.2020, nachdem er vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zu befreien ist. Das vorgelegte Attest ist aus arbeitsmedizinischer Sicht nach den Darstellungen des Mitarbeiters nachvollziehbar.“
Die Vorinstanz, das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg, hatte befunden, diesen Attesten komme ein nur geringer Beweiswert zu, da ohne jegliche weitere Ausführungen, eine Befreiung von der Tragepflicht bescheinigt wird. Weil seit Jahren in Rechtsprechung und Literatur unstreitig ist, dass einem ärztlichen Attest zum Nachweis einer Arbeitsunfähigkeit (AU) keine ärztliche Diagnose beizufügen ist, sah sich das ArbG offenbar veranlasst, dieser Kritik proaktiv entgegenzuwirken. Die rechtliche Situation sei nicht vergleichbar mit der Vorlage einer AU-Bescheinigung gegenüber dem Arbeitgeber, der ein hoher Beweiswert zukommt. Vorliegend sei Ziel des Mitarbeiters, mithilfe der ärztlichen Bescheinigungen einen rechtlichen Vorteil zu erwirken, nämlich die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Betreten des Arbeitsplatzes ohne jegliche Gesichtsbedeckung. In derartigen Konstellationen müsse der Arbeitgeber bzw. das Gericht, … aufgrund konkreter und nachvollziehbarer Angaben in den ärztlichen Bescheinigungen in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen selbständig zu prüfen. Diese Begründung wird zuerst in einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Würzburg, in einem Fall der die Maskenverpflichtung in einer Schule betraf, angeführt. Eine Rechtsgrundlage gibt es für diese Ansicht aber nicht.
Für die Verarbeitung personenbezogener Daten muss zunächst die Festlegung erfolgen, für welchen Zweck die Verarbeitung stattfinden soll. Vorliegend ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verpflichtet, Schutzmaßnahmen gegenüber seinen Arbeitnehmern zu etablieren. Er ist demnach verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. Weiterhin muss geprüft werden, ob die Verarbeitung zur Erfüllung des festgelegten Zweckes geeignet und erforderlich ist. Die Verarbeitung personenbezogener Daten besonderer Kategorie, dazu gehören Gesundheitsdaten, ist darüber hinaus nur zulässig, wenn eine der Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 DS-GVO (§ 11 Abs. 2 i. V. m. § 4 Nr. 2 KDG) erfüllt ist.
Die Verpflichtung eine Mund-Nasen-Bedeckung (Maske) zu tragen, verfolgt das Ziel, die Verteilung der in der Atemluft enthaltenen Tröpfchen (Aerosole) zu vermeiden, um dadurch eine Ansteckung Dritter zu verhindern. Eine solche Anordnung entspricht dem ordnungsgemäß ausgeübten Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 Abs. 1 GewO sowie der Vorschriften des Gesundheits- und Infektionsschutzes.
Wenn ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen gehindert ist, eine Maske zu tragen, ist es nicht erforderlich für die Zweckerreichung eine ärztliche Diagnose abzufordern, die ein entsprechendes Attest näher begründet. Das Ziel, die Ansteckungsgefahr für Dritte zu vermeiden, lässt sich nämlich auch dann nicht erreichen, wenn der Arbeitnehmer durch Bekanntgabe seiner Gesundheitsdaten die Richtigkeit und Angemessenheit des Attestes belegt. So oder so bliebe er durch eine nicht behinderte Aerosolausscheidung ein potentielles Ansteckungsrisiko für andere Arbeitnehmer*innen. Die Erhebung bzw. Verarbeitung von Gesundheitsdaten ist deshalb für die Zweckerreichung nicht geeignet und damit nicht erforderlich. Damit ist eine solche Verarbeitung datenschutzrechtlich unzulässig.
Das LAG Köln scheint dies, wie sich aus der Presseerklärung ergibt, erkannt zu haben. Es nimmt die Atteste ernst, unterstellt deren Richtigkeit und urteilt konsequent, der Arbeitnehmer sei arbeitsunfähig und deshalb nicht zu beschäftigen.
Spannend wird die arbeitsrechtliche Folge dieses Urteils. Dort wird geklärt werden müssen, ob es sich bei der festgestellten Arbeitsunfähigkeit um eine „Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit“ gem. § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) handelt.